Auf in die Zukunft des Reit-Tourismus – aber wie

{jcomments on}In einer Studie über den Reit-Tourismus in Deutschland haben Ulrike Franke und Dana Roberts von BTE gemeinsam mit HorseFuturePanel erforscht, wie die aktuelle Situation rund um den Urlaub mit Pferd ist und welche Chancen sich für Anbieter in diesem Bereich bieten. In unserem Interview verraten sie, was Wanderreitstationen und Reitbetriebe konkret tun können, um gut gerüstet für die Zukunft zu sein.

 

Sehen Sie „den Pferde-Tourismus“ gut aufgestellt oder müsste es hier mehr Zusammenarbeit in Form von Verbänden oder anderen Organisationsformen geben?

Dana Roberts: „Mit der Gründung der „Bundesarbeitsgemeinschaft Deutschland zu Pferd“ als bundesweiter Zusammenschluss pferdetouristischer Regionen, Destinationen, Unternehmen, Organisationen und Fachverbänden zur Förderung des Pferdetourismus in Deutschland ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer übergreifenden Zusammenarbeit und Vernetzung getan. Die Arbeit der AG beruht allerdings auf dem zum Teil ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder, außerhalb der starken Reitregionen fehlt es noch an Unterstützung. Außerdem ist die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Tourismus und Pferdebetrieben bzw. pferdetouristischen Organisationen in vielen Bereichen ausbaufähig.“

Sind die Pferdewirtschaft und der Reit-Tourismus ausreichend in Politik und Gesellschaft verankert, um die eigenen Interessen zu wahren? Gerade bei diversen Gemeinden, die eine Pferdesteuer einführen wollen oder schon haben, trifft man immer wieder auf das Bild der „reichen Reiter“. Der wirtschaftliche Aspekt – und der Tourismus ist für diese oft ländlichen Regionen ja umso wichtiger – wird dabei gerne vergessen.

Ulrike Franke: „Die Diskussion um die Pferdesteuer hat zumindest dazu geführt, dass sich Politik und Gesellschaft stärker mit den Auswirkungen der Pferdehaltung und dem „Bild des Reiters“ auseinandersetzen. Mittlerweile sollte (hoffentlich) angekommen sein, dass aus dem elitären Sport der Reichen ein Volkssport geworden ist und der „Reiter“ in allen Einkommenssteuerschichten vertreten ist.
Pferdehaltung und –sport bilden die Arbeits- und Lebensgrundlage vieler Landwirte und auch anderer Wirtschaftszweige gerade im ländlichen Raum. Futter und Einstreu wird in der Region bezogen, von den Reittouristen profitiert z.B. auch regionale Gastronomie.“

Wie sehen Sie die Situation der Wanderreiter? Wo stehen wir in Deutschland und was fehlt noch? Welche rechtlingen Dinge müssten sich verbessern?

Dana Roberts: „Stichworte wären hier zum Beispiel Reitwege, gesperrte Wege etc. Die Ausgangsbedingungen für das Wanderreiten sind in Deutschland sehr unterschiedlich je nach landschaftlichen Gegebenheiten, Rechtslage, Erholungsdruck auf den Wegen usw. Dazu kommt, dass die Rechtslage hierzulande extrem unübersichtlich ist: jedes Bundesland hat seine eigenen Regelungen, es gibt unterschiedliche Regelungen im Wald und freier Landschaft usw.
Wünschenswert für Wanderreiter wäre natürlich eine einheitliche liberale Reitregelung (mit Sonderregelungen in Gebieten mit hohem Erholungsdruck auf den Freizeitwegen, Naturschutzbelangen o. Ä.).“

Wanderritte machen laut Ihrer Studie mit je rund 30 % einen großen Anteil am Reit-Tourismus aus, wie können Wanderreitstationen von diesem Trend profitieren?
Was sind neben der kurzen Anreise weitere Punkte, auf die UrlauberInnen Wert legen?

Ulrike Franke: „Wanderritte gehören zu den beliebtesten Arten des Reittourismus und haben Potenzial. Wichtig wird es zukünftig sein, sich auf seine bestehenden (oder gewünschten) Zielgruppen zu fokussieren, maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln und entsprechend zu vermarkten. Im Hinblick auf die steigenden Anforderungen der Gäste wird voraussichtlich die Nachfrage nach komfortableren Übernachtungsmöglichkeiten und zusätzlichen Serviceleistungen (Versorgung während des Ritts, Gepäcktransfer, etc.)steigen.“

Was erwarten Besucher heute beim Wanderreiten? Wie viel Professionalität ist gefragt und wie hoch wird das „Amateurhafte“ (der Besuch zu Pferd bei Freunden) geschätzt?

Dana Roberts: „Ich glaube, das kann man nicht verallgemeinern. Je nach Motiv und Zielgruppe können die Ansprüche erheblich variieren: vom selbstorganisierten Wanderritt mit eigenem Pferd und Übernachtung im Zelt auf der Koppel einer befreundeten Wanderreitstation bis hin zur perfekt vororganisierten All-Inclusive-Variante mit gut ausgebildetem Veranstalterpferd, Übernachtung im Hotel und Gepäcktransfer. Wichtige Aspekte beim Wanderreitern sind das Gemeinschafts- und Naturerlebnis in schöner Landschaft. Bei der Nutzung von Veranstalterpferden wird großer Wert auf deren Zuverlässigkeit und zunehmend auch die artgerechte Haltung gelegt.“

Wie sollten Anbieter, ob für einzelne Events oder als Wanderreitstation, auf sich aufmerksam machen? Was können Betriebe tun, um mehr Gäste zu gewinnen?

Ulrike Franke: „Pferdeurlauber informieren sich aktuell noch hauptsächlich direkt beim Anbieter, entweder persönlich oder über dessen Marketingmedien (Internet, Print). Hohe Bedeutung haben außerdem Informationen von Freunden/ Bekannten und anderen Pferdesportlern. Zukünftige Pferdeurlauber lassen sich außerdem gern durch das Internet im allgemeinen sowie durch Pferdemessen inspirieren.
Im Pferdetourismusmarketing werden zukünftig – wie in anderen Tourismussegmenten auch – Internet, Smartphone, Social Media und Co. immer stärker an Bedeutung gewinnen. Die Herausforderung wird sein, das eigene Angebot in der Masse der Informationen für interessierte Gäste sichtbar und begehrlich zu machen (emotionale Ansprache, schöne Bilder, thematischer Aufhänger etc.). Potenzielle Gäste wünschen sich leicht buchbare Angebote, am besten im Rundum-Sorglos Format. Gerade beim Thema Wanderreiten werden in diesem Zusammenhang Vernetzung und Zusammenarbeit der Anbieter immer wichtiger, wie die erfolgreichen Beispiele z. B. in der Eifel zeigen.
Um potenzielle Reitgäste anzusprechen, die sich nicht aktiv in der „Pferdeszene“ bewegen, kann auch die Nutzung völlig anderer Kanäle erfolgreich sein, so zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Outdoor- / Erlebnisportalen, Artikel in (Frauen)Zeitschriften o. Ä.“

Was wäre Ihr persönlicher Tipp für Betreiber?

Dana Roberts: „Ich empfehle die Vernetzung, Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen Betrieben sowie den Organisationen, die sich in der Region mit Pferden und Tourismus beschäftigen. Wichtig erscheint mir auch, von den Gästen Feedback und Anregungen einzuholen und Angebote aus Gästesicht zu gestalten. Eine gute Organisation und eine nette Betreuung vor Ort sind von großer Bedeutung, denn Reitgäste sind Großteils „Wiederholungstäter“.“

Wir bedanken uns für das informative und ausführliche Interview.

Weitere Infos auch unter www.bte-tourismus.de.
Die Studie zum Pferdetourismus steht als kostenloser Download unter www.tourismus-rund-ums-pferd.de bereit.


Foto-Copyright BTE & Markus Erdmann