Klimakrise und Pferdehaltung – wir müssen reden
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Klimakrise und Pferdehaltung – wir müssen reden

2020 wird in den Geschichtsbüchern zwar wohl eher durch die Corona-Pandemie auftauchen, aber Pferdehalter in vielen Bereichen Deutschlands dürfte es auch aufgrund der erneut schlechten Ernten in den Jahrbüchern vermerken. Können wir diese Entwicklung noch aufhalten?

 Nach den beiden extremen Dürre-Jahren 2018 und 2019 weckte 2020 Hoffnung, denn es gab zu Beginn der Wachstumsperiode Regen, allerdings auch Kälte und Durststrecken. Die regionalen Unterschiede waren dabei extrem. So hatte der Westen in vielen Bereichen einen 1. Schnitt bei der Heuernte, der mit 25 bis 30 % unter dem – an sich schon schlechten – Ertrag des Vorjahres lag.
Ein 2. Schnitt, der die Situation entschärfen könnte, fiel in noch größerem Umfang aus, sodass Kuh- und Rinderbauern schon sehr früh ihre Tiere zu füttern oder sogar verkaufen mussten.

Weniger Heu, höhere Preise

In einigen Regionen schwand die Menge an Heu und der Preis stieg. Während im Norden und Süden Heurundballen noch immer deutlich unter 50 Euro, teilweise sogar für 25 Euro zu haben waren, gingen die Preise anderswo schon an die 70 und mehr Euro. Erste Regionen berichteten im Herbst sogar schon von dreistelligen Preisen für einen 140 cm Rundballen.
Oft ist man sogar froh, überhaupt noch Futter für seine geliebten Vierbeiner zu bekommen und allenorten schlagen die üblichen Verdächtigen auf, die ihr Heu nun zu Geld machen wollen. Dass die Qualität dabei oft nicht mit dem Preis steigt, scheint diesen Kapitalismus-Agrarexperten egal zu sein.

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Wie lange werden wir noch Heu ernten und bezahlen können?

 

Wie lange kann man Pferdehaltung noch bezahlen?

Die Pferdehaltung wird – zumindest in verschiedenen Regionen – immer teurer, weil der Futteranteil im Preis steigt. Die Prognosen für die kommenden Jahre lassen nicht wirklich hoffen, dass es wieder anders wird, denn bedingt durch die klimatischen Änderungen, die uns in Deutschland immer mehr erreichen, sind die Aussichten auf eine langfristige Besserung eher düster. Da die meisten Pferde weniger unter Nutztieraspekten (kein schönes Wort) betrachtet werden, sondern für viele eher wie ein Familienmitglied sind, können Pferdebesitzer vielleicht noch etwas länger durchhalten, da sich ihr Tier nicht „rechnen“ muss. Mit einem weiteren Nebenjob ist auch das Futter für den kommenden Winter noch drin. Die, die mehr finanzielle Ressourcen haben, können das Spiel noch länger durchhalten, aber der Kampf um Futter wird auch für viele Ställe existenzbedrohend.

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Wie können wir sicherstellen, dass unsere geliebten Vierbeiner auch in Zukunft ein gutes Leben führen können?

 

Was tun?

Mittlerweile sieht man sogar hartgesottene Klimawandelzweifler unter den Bauern, die sich nachdenklich am Kopf kratzen. Der Mangel an Futter und die entsprechend steigenden Preise sorgen dafür, dass nur noch die größten Betriebe ihre (Nutz-) Tiere ausreichend versorgen können. Das Futter für diese Fleisch-Massenbetriebe wächst oft nicht auf heimischen Wiesen und Feldern, sondern wird industriell hergestellt. Im Herbst und Winter 2020/21 hörte man von vielen Bauern, dass sie ihre Kühe und Rinder verkaufen mussten, weil es nicht genug Futter gab. Immer wieder las man verzweifelte Gesuche von Stallbetreibenden, die kein Heu mehr hatten.
Doch was lässt sich angesichts dieser Entwicklungen jetzt tun? 
Wäre Bewässerung, wie sie beim Gemüseanbau schon vielfach genutzt wird, eine Alternative für die Heuerzeugung? Können andere Grassorten, die tiefer wurzeln Abhilfe schaffen?

Es braucht andere Lösungen

patrick hendry vlA C HTc1A unsplashGenerell dürfte den meisten Menschen, die mit der Natur und den Tieren leben, klar geworden sein, dass sich etwas in unserem gesamten Leben verändern muss. Aber hilft es dem Klima und meiner Heuwiese tatsächlich, die alte Dieselschleuder gegen ein E-Auto zu tauschen? Oder nur noch ein- oder zweimal pro Woche Fleisch zu essen?
Jein – das ist klar. Nein, weil natürlich der Verzicht in diesem kleinen Maßstab nicht dafür sorgt, dass im kommenden Jahr die Wiesen wieder reichhaltig wachsen. Aber eindeutig ein Ja, wenn man eine einfache Rechnung anstellt. Laut dem Portal Wittelsbürger bezeichnen sich in Deutschland 3,89 Millionen Menschen als reitend. Je nach Quelle liegt der CO2-Ausstoß eines Fleisch essenden Menschen zwischen 300 und 450 Kg pro Jahr. Würden also nur die reitenden Menschen in Deutschland auf den Konsum von Fleisch verzichten, könnten jährlich 1.458.750 Tonnen CO2 eingespart werden. Das ist etwa so viel, wie alle Einwohner von Neuss oder Herne pro Jahr ausstoßen (wer einmal selbst sehen möchte, wie sich sein Konsumverhalten auf die Umwelt auswirkt, kann das hier bei Utopia.de tun).
Und wenn wir ehrlich sind, gäbe es noch einige andere Dinge, die jede und jeder von uns ein klein wenig reduzieren würde. In der Summe würde vielleicht eine Flugreise (die nach Ende der Corona-Pandemie ja vermutlich wieder für die An- und Abreise in den Urlaub genutzt wird) weniger pro Jahr ebenso helfen. Muss jede Fahrt wirklich mit dem Auto erfolgen? Müssen alle Geräte im Haus auf Stand-by laufen?
Wirklich einfach und oft gar nicht einmal teurer ist der Wechsel des Stromanbieters zu einem, der sauberen Ökostrom liefert. Das geht für den eigenen Haushalt genauso, wie für den Stall.
Das Thema Solar-Energie ist ein Punkt, an dem sich Umweltschutz sogar mit Wirtschaftlichkeit kombinieren lässt, ob auf dem eigenen Hausdach oder dem größeren Scheunendach. Gerade an letzterem sind Firmen interessiert, die solche Flächen gerne pachten, sodass man selber nicht einmal etwas investieren muss.

 

Es gibt mehr

Für alle, die ihre Pferde selber halten oder einen Stall betreiben, gibt es noch weit mehr Möglichkeiten. Zugegeben, auch das erfordert ein Umdenken, ggf. neue Arbeitsweisen und mehr Aufwand, aber es kann und wird sich lohnen.
Wiesen können in kleinere Parzellen aufgeteilt und mit Hecken vor Wind geschützt werden. Das schützt die Flächen vor Austrocknung und sorgt auch in trockenen Sommern für einen besseren Ertrag.
Auch eine gut geplante Kreislaufwirtschaft, bei dem Flächen mit Düngematerial aus dem eigenen Betrieb gedüngt werden, entlastet die Umwelt.
Ebenso fraglich ist, dass Heu mittlerweile durch die ganze Republik und halb Europa transportiert wird. Sicher, bevor mein geliebtes Pferd den Hungertod stirbt, ist das natürlich die deutlich bessere Alternative, aber wäre es nicht ein sinnvoller Gedanke, dass Ställe nur in der Größe betrieben werden können, in der sie sich auch mit Futter versorgen können?
Vielleicht müssen wir auch die Zahl der Pferde, die in einem Stall leben, ein wenig reduzieren?patrick hendry vlA C HTc1A unsplash
Und mithilfe von Analysen und moderner Technik dafür sorgen, dass wir mit mehr Wissen und weniger „Glauben“ wirtschaften.
Das mag dazu führen, dass manche Abläufe schwerer werden. Wenn Schlepper und Anbaugeräte immer riesiger werden, damit sich der Betrieb noch rechnet, werden diese Maschinen kaum noch auf kleinere Parzellen kommen. Man wird also mit kleineren Maschinen und mehr Zeiteinsatz arbeiten und rechnen müssen, hat dafür aber vielleicht wieder mehr Ertrag in besserer Qualität.

Wie viele Halfter braucht der Mensch?

Es gibt noch viele kleine Dinge, die sich ändern lassen. Schaut man z.B. in die Sattelschränke in vielen Ställen, bekommt man den Eindruck, in die Auslage eines kleinen Geschäfts für Pferdebedarf zu blicken. Braucht es wirklich vier Halfter, fünf, in Plastik verpackte Zusatzfutter und die besonderen Stiefel, die jedes Jahr per Post aus den USA bestellt werden?
Auch als Stallbetreibender kann ich mit gutem Beispiel vorangehen, Bewusstsein wecken und gemeinsam mit Einstellenden Dinge verändern. Wo kann ich Dinge im Betrieb besser machen? Wo Plastikmüll vermeiden? Welche CO2-Einsparungen sind noch möglich?

Nicht immer einfach, aber immer möglich

Ich weiß von mir selber, dass es nicht immer einfach ist, Dinge im eigenen Leben zu verändern – vor allem wenn diese so wenig direkt sichtbare Auswirkungen auf meine Umwelt zeigen. Das Leben ist auch so schon kompliziert genug. Nun auch noch bei den Dingen des täglichen Konsums ständig prüfen zu müssen, ob das nun umweltkonform ist, das ist anstrengend, nervt und nimmt einem den vermeintlich letzten Spaß.
Aber irgendwann hat es bei mir Klick gemacht und ich habe einige Dinge geändert. Und es manchmal schwer und ein Verzicht, aber oft genug hat es mir sogar ganz neue Genüsse eröffnet und mir Geld gespart.
Natürlich wäre es perfekt, wenn wir alle perfekt wären. Aber oft reicht es schon, wenn jede und jeder von uns nur einen kleinen ersten Schritt zum Anfang macht. Wir müssen nicht nächste Woche dem Fleisch abschwören und das Hausdach mit Solarpanels belegen. Kleine Schritte führen auch an entfernte Reiseziele.
Und auch wenn es pathetisch klingen mag, so denke ich jedes Mal, wenn ich in die glücklichen Augen der Pferde auf unserem Hof schaue, dass es sich genau dafür lohnt, selber etwas bewusster zu leben – immer in der Hoffnung, dass aus vielen kleinen Dingen etwas Großes entsteht.