Hessen: Rechtliche Rahmenbedingungen beim Reitplatzbau

Hessen: Rechtliche Rahmenbedingungen beim Reitplatzbau

Wer einen Reitplatz bauen möchte, wird schnell mit dem Baurecht und entsprechenden Baugenehmigungen konfrontiert. Je nach Bundesland gelten unterschiedliche Bestimmungen, die dann teilweise von den zuständigen Behörden vor Ort noch ausgelegt werden (können). Wir haben alle 16 deutschen Bundesländer und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefragt, was es beim Bau eines Reitplatzes aus rechtlicher Sicht zu beachten gilt.
Für Hessen hat uns Amrei Pfeiffer aus dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geantwortet.

Was sagt Ihre Landesbauordnung zum Thema Reitplatzbau?
Reitplätze sind als solche in der Hessischen Bauordnung (HBO) nicht definiert. Ein Reitplatz, der zum Trainieren von Pferden genutzt wird, dürfte jedoch regelmäßig eine Sportfläche im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 HBO und damit eine genehmigungspflichtige bauliche Anlage darstellen. Zudem spricht Vieles dafür, dass das Auffüllen des Bodens mit Sand zur Herstellung eines für das Reiten geeigneten Untergrundes eine Aufschüttung i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HBO darstellt.
§ 63 HBO i.V.m. Nr. I. 12.7 der Anlage zu § 63 HBO stellt Reit- und Bewegungsplätze im Außenbereich baugenehmigungsfrei. Das bedeutet aber nur, dass solche Vorhaben keiner baurechtlichen Genehmigung bedürfen. Allerdings sind nur die Reit- und Bewegungsplätze selbst nach Nr. I. 12.7 der Anlage zu § 63 HBO freigestellt, nicht aber etwaige (weitere) bauliche Anlagen wie Ställe etc. Und wenn die Errichtung eines Reit- und Bewegungsplatzes Teil eines einheitlich auszuführenden Gesamtvorhabens im Außenbereich ist, z. B. eines Pferdestalles mit Reit- und Bewegungsplatz, so ist auch der Platz genehmigungspflichtig.
Auch wenn keine Baugenehmigung erforderlich ist, müssen solche Anlagen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften (wozu insbesondere die bauplanungsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorschriften gehören) entsprechen, wie § 62 Abs. 2 HBO klarstellt.
Im Innenbereich unterliegen Reit- und Bewegungsplätze der Baugenehmigungspflicht im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 65 HBO.

Wer genehmigt den Bau eines Reitplatzes in Ihrem Bundesland?
Für die Baugenehmigung zuständig ist die örtlich zuständige untere Bauaufsichtsbehörde (§ 60 Abs. 1 HBO). Diese ist in Hessen bei den Kreisausschüssen der Landkreise bzw. den Magistraten der kreisfreien Städte (Frankfurt am Main, Offenbach am Main, Wiesbaden, Kassel und Darmstadt), der Städte mit Sonderstatus (Bad Homburg v.H., Fulda, Gießen, Hanau, Marburg und Rüsselsheim) sowie zweier weiterer Städte (Limburg und Usingen) angesiedelt.
Über die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung entscheidet die örtlich zuständige untere Naturschutzbehörde.

Wenn Genehmigungen auf Kreis- oder Gemeindeebene erfolgen, gibt es Unterschiede? Als erlauben zum Beispiel manche Kreise eher einen Reitplatz als andere? Falls ja, woran liegt das?
Daten und Zahlen zur Genehmigungspraxis der unteren Bauaufsichtsbehörden Hinblick auf Reit- und Bewegungsplätze liegen uns nicht vor.

Wenn ein Pferdebetrieb einen Reitplatz bauen möchte, was muss der Betrieb beachten? Welche Genehmigungen sind für den Bau eines Reitplatzes erforderlich?
Vor Errichtung eines Reit- und Bewegungsplatzes ist (wie vor jedem anderen Bauvorhaben auch) abzuklären, ob und welche Genehmigungen erforderlich sind. Bzgl. der Baugenehmigung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Haben auch Privatställe, die keine Landwirtschaft sind, eine Möglichkeit, einen Reitplatz zu bauen?
Grundsätzlich können auch Privatpersonen Reitställe errichten, sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

Unterscheiden Sie bei der Genehmigung, ob ein Reitplatz im Außen- oder Innenbereich oder in einem Gewerbegebiet geplant ist?
Im Außenbereich ist vor allem entscheidend, ob die konkrete Pferdehaltung im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) privilegiert ist. Das dürfte in der Regel unproblematisch sein bei landwirtschaftlichen Betrieben mit Schwerpunkt Pensionspferdehaltung, Pferdezucht und Pferdeaufzucht. Bei sonstigen landwirtschaftlichen Betrieben, beispielsweise solchen, die Ackerbau betreiben, dürften Reitplätze in der Regel nur dann im Außenbereich zulässig sein, wenn sie dem Betriebsinhaber einen Beitrag zum Lebensunterhalt geben und dies eine sinnvolle Erweiterung seiner sonstigen landwirtschaftlichen Tätigkeit darstellt. Dabei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.
Nicht privilegierte, sog. sonstige Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, sind im Außenbereich regelmäßig nicht zulässig, weil meist öffentlich-rechtliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt werden. In der Regel gibt es entgegenstehende Darstellungen des einschlägigeren Flächennutzungsplans (Landwirtschaft!) oder aber es sind Belange des Naturschutzes betroffen.
Ob und wo ein Reit- und Bewegungsplatz im Innenbereich zulässig errichtet werden kann, richtet sich in den wenigsten Fällen danach, ob es sich um landwirtschaftliche oder sonstige Vorhaben handelt. Hier kommt es meistens auf die Art der baulichen Nutzung an, entweder aufgrund der Festsetzungen im Bebauungsplan (§ 30 BauGB) oder aber weil sie die Eigenart der näheren Umgebung bestimmt (§ 34 BauGB). Dies richtet sich aber nach Bunderecht und gibt es keine hessischen Spezifikationen.

Gibt es Auflagen bezüglich der Bauweise und Größe?
Ob und welche Auflagen in einer Baugenehmigung erteilt werden, hängt immer vom Einzelfall ab und wird nach Beteiligung der Fachbehörden (z. B untere Naturschutzbehörde oder untere Wasserbehörde) entschieden.

Gibt es besondere Auflagen wegen Wasser- und/oder Naturschutz?
Soweit der Standort in einem Wasserschutzgebiet liegt, sind die Auflagen der entsprechenden Wasserschutzgebietsverordnung zu beachten. Die Errichtung baulicher Anlagen im Gewässerrandstreifen ist verboten. Dieser beträgt im Außenbereich 10 m und im Innenbereich 5 m. Im Übrigen können sich weitere Vorgaben aufgrund des Standorts bzw. der Art der Bauausführung im Einzelfall im Hinblick auf anfallendes Niederschlagswasser in Verbindung mit einer möglichen Befestigung ergeben.
Von der unteren Naturschutzbehörde wird i.R. des Baugenehmigungsverfahrens das Benehmen eingeholt (§ 15 Abs. 1 BNatSchG). In der Baugenehmigung werden dazu entsprechende naturschutzrechtliche Auflagen als Nebenbestimmungen formuliert. Dabei kommt es insbesondere darauf an, inwieweit der Reitplatz einen kompensationspflichtigen Eingriff i.S.d. §§ 13 ff. BNatSchG darstellt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die natürliche Eigenart der Landschaft durch den Reitplatz beeinträchtigt wird, d.h. wenn die Fläche bisher entsprechend der für den Außenbereich vorgegebenen Funktion geprägt war und nichts darauf hindeutet, dass sie die Eignung dafür demnächst einbüßen wird (VG München, Urteil vom 5. Juli 2018 – Az.: M 11 K 16.4838).