Aufregung um die neuen Pferdeprofis: Babette Teschen fordert mehr Geduld und Verständnis

Aufregung um die neuen Pferdeprofis: Babette Teschen fordert mehr Geduld und Verständnis

Babette Teschen ist vielen als Pferdetrainerin und Autorin von Pferdefachliteratur bekannt, vor allem durch den, von ihr entwickelten, Longenkurs. Als engagierte Tierschützerin nutzt sie ihre Stimme, um auch Unbequemes und Missstände in der Tierwelt anzusprechen. Nach der ersten Folge der neuen VOX-Pferdeprofis hat sie sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Wir haben Sie dazu interviewt.

Du hast einen offenen Brief zu den neuen Pferdeprofis und Uwe Weinzierls Arbeit im Besonderen verfasst. Was war der Anlass für dich?

Für mich zeigt die Sendung tierschutzwidrigen Umgang mit Pferden und nebenbei noch fahrlässiges Verhalten (Strick um die Hand gewickelt, Reiterin ohne Helm in einen fahrenden Anhänger hineinreiten lassen)

Was genau ist deine Kritik an der Trainingsarbeit von Uwe Weinzierl?

Er demonstriert Techniken, wie man max. schmerzhaft mit einem Knotenhalfter einwirken kann. Er redet von Respekt und Vertrauen, während er mit massivem Druck einem Pferd jegliches Mitspracherecht nimmt.

Wie hättest du das Thema Verladung gelöst?

Am allerwichtigsten: Mit Geduld und Verständnis! Dem Pferd die Zeit geben, die es braucht.
Das in der Sendung vorgestellte Pferd war ja schon sehr vorbelastet. Das Training sollte zunächst ohne Hänger stattfinden und ein gutes Vertrauensverhältnis erarbeitet werden. Mit viel Lob sollte das Pferd zunächst lernen, verschiedene Untergründe zu betreten (Planen, Holzstege, Turnmatten, später die Wippe, das Wackelbrett). Parallel dazu würde ich üben, das Pferd durch enge Gassen aus Hindernisständern mit Planen durchzuführen. Das Pferd sollte die Berührung durch die Stange an der Hinterhand stressfrei gezeigt bekommen.
Ich arbeite mit positiver Verstärkung und nach dem Prinzip von Horsespeak nach Sharon Wilsie. Ich würde Targets nutzen, um dem Pferd mit guten Gefühlen den Mut zu geben, sich mit dem Hänger zu befassen.

Was erhoffst du dir, durch den Brief zu erreichen?

Ich hatte gehofft, dass die Produktionsfirma (und als Person dahinter Martin Rütter) die Ausstrahlung der Folgen mit Uwe Weinzierl stoppt. Dass sie das nicht tut und so einem pferdeunfreundlichen Trainer weiterhin eine Plattform gibt, seine brutalen Methoden weiter zu verbreiten, enttäuscht mich sehr.
Ich erhoffe mir eine Reform der Sendung, wo es nicht nur um Problemlösungen geht, sondern darum, mehr Aufklärung zu betreiben. Ich bin erschrocken darüber, wie viel Unwissen über die Pferdepsyche und Anatomie herrscht und verbreitet wird.

Gab es von Seiten VOX, Mina TV oder Uwe Weinzierl schon eine Reaktion darauf?

Bei mir nicht. Aber in seinem Podcast hat Martin Rütter eine Gesprächsrunde angekündigt.

Welche Reaktionen hast du von anderen Seiten erfahren?

Sehr viel Zuspruch, aber natürlich auch negative Kommentare und Zuschriften.

Mittlerweile gibt es auch schon eine Petition gegen Uwe Weinzierl als Pferdeprofi. Was hältst du davon?

Ich habe meinen Text für die Petition zur Verfügung gestellt und war mit eine der ersten Unterzeichnerinnen.

Wie siehst du Sendungen, bei denen „Problemtiere“ trainiert werden, um deren Probleme in den Griff zu bekommen generell? Kann das Training von Tieren überhaupt in der Kürze einer Sendung gut erzählt werden?

Schwierig …
Hier werden Symptome gezeigt und Symptome werden abgestellt. Ich sehe es generell als sehr schwierig an, dass eine Sendung Pferde mit Problemen zeigt, ohne auf die Ursachen einzugehen. Diese werden vielleicht kurz erwähnt, aber es wird nie wirklich daran gearbeitet und ich denke, leider werden sie oft auch falsch oder gar nicht verstanden. Es wird versucht, möglichst spektakuläre Symptome abzustellen, ohne dabei die Psyche des Pferdes zu betrachten und zu thematisieren. Und am Ende kommt der Applaus, weil das Pferd jetzt ja wieder “funktioniert”. Die Schritte dahin, die oft psychisches Leiden mit sich bringen, fallen dabei unter den Tisch.

Es zielt alles nur darauf ab, dass das Pferd im Anschluss der Korrekturzeit „funktioniert“ und für den Menschen wieder „nutzbar“ ist. Für mich ist aber nicht an den Ursachen gearbeitet worden.

In seltenen Fällen habe ich den Eindruck, dass es dem Pferd nachher besser geht. Ich sehe oftmals stumme, hilflose und resignierte Pferde. Mag sein, dass die Besitzer über die Ergebnisse happy sind, aber ich bezweifle sehr, dass die Pferde es sind.

Wenn du eine Sendung wie die Pferdeprofis gestalten könntest, was und wie würdest du anders machen?

Die Sendung hat eine hohe Quote als Ziel. Gutes Training ist aber nicht spektakulär. Wenn ich eine Sendung gestalten könnte, wäre es eine Sendung, die wirklich aufklärt. In der Ursachen für Probleme aufgezeigt werden. In der die Psyche des Pferdes erklärt wird, und was Mimik und Verhalten des Pferdes im jeweiligen Moment bedeuten. Eine Sendung, in der die Pferde wertschätzend betrachtet werden. In der Probleme und Widersetzlichkeiten als das gesehen werden, was sie sind: als ein Ausdruck der Not. Kein Pferd verhält sich falsch, weil es den Menschen ärgern will. In einer von mir gestalteten Pferde-Sendung würde nicht von „zickigen Stuten“ gesprochen werden. Es würden nicht längst widerlegte Thesen wie die Dominanztherorie die Erlaubnis erteilen, grob mit Pferden umzugehen.

In „meiner“ Sendung würden Verhaltensbiolog*innen das Verhalten des Pferdes beurteilen und pferdegerechte, echte Problemlösungen für das Pferd erarbeitet werden. Dabei würden die neuesten Lerntheorien zum Einsatz kommen und der positiven Verstärkung einen großen Stellenwert eingeräumt werden. Es wäre eine „pro Pferd“ Sendung, nicht eine „Hauptsache Quote“-Sendung.


Wer noch mehr über Babette Teschen erfahren möchten, die in Norddeutschland mit Gnadenbrotpferden und Tierschutzhunden lebt, eine englische und deutschsprachige Website mit Blogs und Online-Seminare zum pferdegerechtem Training betreibt, der findet dies und mehr unter www.babette-teschen.de